Wie funktioniert Kraft?

Kraft. Oft benutzt, aber falsch verstanden.

Wie funktioniert „stärker werden“ eigentlich?

Physiologisch gesehen ist Kraftaufbau ganz einfach: Sie üben einen äußeren Stress auf Ihren Körper aus (in Gestalt einer belasteten Langhantel, einer Kurzhantel, einer Kettlebell oder eines Satzes Bänder), und er antwortet, indem er sich regeneriert und sich an diesen Stress anpasst.

Im Wesentlichen sagen Sie Ihrem Körper: „Hey, Körper, Du mußt dieses Gewicht heben, also mache mit diesem Konzept weiter.“

Da Ihr Körper eine unglaubliche Maschine ist, wird er mit „Klar, Chef, derzeit bin ich zu Diensten für mehr“ antworten.
Wenn Sie das nächste Mal trainieren, üben Sie einfach ein wenig mehr Stress aus.

Dies kann in Gestalt von mehr Gewicht oder mehr Wiederholungen geschehen.


Training wirkt sich in mehreren Hinsicht positiv auf Ihren Körper aus.

Zum einen können stärkere Muskeln die umgebenden Gelenke besser stabilisieren, so dass Sie sich leichter und wirksamer bewegen können.
Die mehrheitlichen Bewegungen, die Sie absolvieren, um Kraft aufzubauen, sind aufgeladene Versionen von Bewegungsmustern, die Sie täglich durchführen.

Nehmen Sie bsp. die Langhantel aus der Halterung und die Kniebeuge, die sie dann machen, ist die gleiche Bewegung, die Sie verwenden, um auf die Toilette zu gehen. Oder auch das Aufmachen einer Autotür…es ist eine ähnliche Bewegung wie eine stehende Ruderbewegung.

Soll das heißen, dass Sie eine Kniebeuge mit maximaler Wiederholung benötigen oder Wiederholungen von Rudernbewegungen am Kabelzug machen müssen, um die Toilette zu benutzen und Ihre Autotür zu öffnen – nein.
Aber es ist zugegebenermaßen bekannt, dass Erwachsene jedes Jahrzehnt ca. 3 bis 8 Prozent ihrer Muskelmasse verlieren.

Wenn Sie daher im Fitnessstudio stärker werden, wird sichergestellt, dass Sie mit zunehmendem Alter mehr Muskeln behalten.

Aber wo beginnt Kraft?

Wie funktioniert "stärker werden" eigentlich?

Wo beginnt Kraft?


Kraft beginnt nicht in Ihren Muskeln, sondern in Ihrem Nervensystem.

Das Nervensystem umfasst das zentrale Nervensystem (ZNS) und das periphere Nervensystem (PNS). Das ZNS besteht aus dem Gehirn und dem Rückenmark, die an einem Strang ziehen, während das PNS aus Nerven besteht, die von Ihrem Rückenmark stammen und sich über Ihren Körper erstrecken.

Beide Systeme überprüfen sämtliche fünf Sinne, gemeinsam mit Ihrer Bewegungsfähigkeit und Ihrem Gleichgewicht (sowie Temperaturkontrolle, Schlaf und alternative lebenswichtige Funktionen).


Wenn Sie mit einer Langhantel eine Kniebeuge ausführen (oder irgendeine Übung), startet die Bewegung in Ihrem Gehirn. Die Großhirnrinde feuert ein Signal ab, das Ihr Rückenmark hinunter wandert und die Muskeln zusammenzieht, die für die Version der Bewegung notwendig sind. So funktioniert dein Nervensystem.

Wenn Sie etwas heben, bringen Sie Ihrem Nervensystem bei, die richtigen Muskeln in der richtigen Reihenfolge zur richtigen Zeit zu kontrahieren, um eine festgelegte Aufgabe zu erfüllen.

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Am ersten Tag einer neuen Bewegung müssen sich Muskeln und Nervensystem erst einmal aufeinander abstimmen.

Im Laufe der Zeit wird das Nervensystem besser reagieren, indem es Ihnen schnellere und stärkere Muskelkontraktionen gewährt. Und jene schnelleren Kontraktionen zeigen Ihnen dann, daß Sie mehr Gewicht heben können.

Wenn sich Ihr Nervensystem an die Bewegung gewöhnt, werden Sie ebenfalls koordinierter. Diese bewegungsspezifische Koordination, die mittels Ihres motorischen Kortex erreicht wird, der herausfindet, wie die Muskeln am nützlichsten befeuert werden, lässt Sie die Bewegung wirksamer absolvieren.


Laut Forschung antwortet Ihr Nervensystem auf Krafttraining vor Ihren Muskeln. Eine Untersuchung im Journal of Neuroscience zeigte, wie zwei Makaken Affen Gewichte hoben. Die Wissenschaftler beobachteten die Folgen des Krafttrainings auf ihre Nerven. Die Affen führten einarmige Züge mit einem einzigen Arm aus.

Nach drei Monaten kamen die Forscher zu dem Schluss, dass „Krafttraining mit neuronalen Anpassungen gekoppelt ist“. Es waren die Nerven der Affen und ihre Muskel-Hirn-Verbindung, die vor ihren Muskeln gestärkt wurden.

Aber das bedeutet nicht, dass Ihre Muskeln nicht arbeiten. Letztendlich stehen sie ja doch unter Last. Aber Hypertrophie ist im Allgemeinen ein langsamerer Prozess im Vergleich zur neuronalen Anpassungen.

Zusätzlich konzentrierten sich die Wissenschaftler in dem Beispiel allein auf die neuronale Reaktion des Affen. Die Ergebnisse sind spannend und bemerkenswert sind, aber man sollte den Effekt von Krafttraining auf Ihre Muskeln nicht außer Acht lassen.

Hypertrophie via Krafttraining ist abgesehen hiervon tendenziell eine Nebenwirkung als eine direkte Reaktion.


Eine weitere Forschungsgruppe, die an echten Personen durchgeführt wurde, zeigte, dass das Heben ebenso mit schweren als genauso mit leichten Gewichten (in diesem Fall 80 Prozent und 30 Prozent des One-Rep-Maximums) zu mehr Muskelmasse führte.

Aber es war die Gruppe, die schwerere Gewichte hob, die auch eine deutliche Zunahme ihres Kraftniveaus (One-Rep Max) erhielt.

Die Forscher hier meinten, dass Kraftzuwächse immerhin in gewisser Hinsicht auf neurale Anpassungen zurückzuführen sind, nicht lediglich nur auf muskuläre.

Quellen:

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22777332/

https://www.jneurosci.org/content/40/30/5820

https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fphys.2017.00331/fullhttps://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fphys.2017.00331/full

Jörg Siegwarth

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